Hast du schon einmal das Gefühl gehabt, dass du beim Essen die Kontrolle verlierst? Du greifst zu großen Mengen, obwohl du keinen echten Hunger verspürst, und danach fühlst du dich schuldig? Wenn dir das bekannt vorkommt, bist du nicht allein. Binge-Eating betrifft viele Menschen, aber es gibt Wege, wie du diesen Kreislauf durchbrechen kannst. In diesem Artikel zeige ich dir hilfreiche Strategien, die mir persönlich geholfen haben, und gebe dir Tipps, die du ausprobieren kannst. Und vorweg: Es ist auch für dich möglich, aus Binge-Eating rauszukommen!
Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine therapeutische oder ärztliche Beratung. Wenn du an einer Essstörung leidest, suche bitte professionelle Hilfe.Dieser Fakt ist wohl wenig überraschend, trotzdem ist der große „Booty“ oder die „geformten“ Arme und der Bauch bei Frauen immernoch Trainingsziel Nr.1
Was ist Binge-Eating?
Binge-Eating beschreibt das unkontrollierte Essen großer Mengen in kurzer Zeit, meist begleitet von einem Gefühl des Kontrollverlusts. Oft wird dieses Verhalten durch emotionale Belastungen wie Stress, Traurigkeit oder dem Gefühl von „Leere“ ausgelöst. Allerdings kann Binge-Eating auch aus positiven Emotionen entstehen – etwa, wenn Essanfälle zur Gewohnheit werden, besonders nach Diäten oder restriktivem Essverhalten.
Ein Beispiel: Julia hat lange Zeit strikte Diäten gemacht und sich viele Lebensmittel verboten. Während sie an manchen Tagen diszipliniert war, führte der ständige Verzicht dazu, dass sie an anderen Tagen regelrechte Essanfälle erlebte. Diese anfänglichen „Ausrutscher“ wurden mit der Zeit zur täglichen Routine, da ihr Körper auf den ständigen Entzug und die Diät-Vorgaben mit Essanfällen reagierte.
Warum passiert das? Emotionale, neuronale und körperliche Ursachen
Binge-Eating kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Unangenehme Gefühle und die fehlende Fähigkeit sich selbst zu regulieren können dazu führen, dass wir zum Essen greifen, um kurzfristig Erleichterung zu finden. Aber auch positive Gefühle, wie das Nachlassen von Anspannung nach einem anstrengenden Tag, können Essanfälle auslösen, besonders dann, wenn der Körper durch Diäten in einen Zustand der Knappheit geraten ist.
Das geht Hand in Hand mit dem Aspekt der Gewohnheitsbildung. Unser Gehirn lernt durch Wiederholungen. Je öfter wir einem Essanfall nachgeben, desto tiefer wird dieses Muster in unserem Gehirn verankert. Neuroplastizität – die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern – spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Buch „Brain over Binge“ hat mir persönlich sehr dabei geholfen, meine eigenes Binge-Eating Verhalten besser zu verstehen und Schritt für Schritt zu verändern. Auch wenn der allererste Auslöser also emotionaler Natur war, kann später die Gewohnheit zum Auslöser für Essänfälle werden, was ein wichtiger Hinweis für den Heilungsprozess ist.
Wie kannst du Binge-Eating stoppen?
1. Selbstregulierung gesund lernen
Selbstregulierung bedeutet, dass du lernst, in emotional schwierigen Momenten anders mit dir umzugehen, anstatt zum Essen zu greifen. Ein zentraler Aspekt davon ist die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen (Self-Soothing). Das kann auf verschiedene Arten geschehen – durch Atemübungen, Centring, zärtliche Selbstberührung, Entspannungstechniken oder durch das Suchen von Trost auf eine gesunde Weise. Ziel ist es, deinem Körper und deinem Geist andere Mittel zur Beruhigung und Entlastung zu bieten, anstatt diese Funktion über das Essen zu erfüllen.
Self-Soothing hilft dir, Momente der Überforderung zu erkennen und sie auf eine achtsame und liebevolle Art zu bewältigen. Es kann hilfreich sein, eine Liste von Dingen zu erstellen, die dir guttun, oder nach Self-Soothing Übungen zu recherchieren. Mit der Zeit lernst du, diese gesunden Strategien automatisch anzuwenden, anstatt zum Essen zu greifen.
2. Emotionale Auslöser erkennen
Ein zentraler Schritt auf dem Weg, Binge-Eating zu überwinden, ist das Erkennen emotionaler Auslöser. Notiere in einem Tagebuch, in welchen Situationen du besonders anfällig für Essanfälle bist. Welche Emotionen oder Umstände führen dazu? Sobald du diese Auslöser erkennst, kannst du beginnen, alternative Strategien zu entwickeln, um mit den Emotionen umzugehen.
In Anlehnung an „Self Soothing“ ist auch wichtig, zu lernen, dich selbst in schwierigen Momenten zu halten. Das bedeutet, dass du dir erlaubst, deine Gefühle zu spüren, ohne sofort nach Essen zu greifen. Statt sie zu verdrängen oder zu „bekämpfen“, kannst du lernen, sie anzunehmen und Wege zu finden, wie du dich durch diese Emotionen hindurch begleiten kannst, ohne dich selbst zu überfordern. Hier kann auch die Arbeit mit dem inneren Kind sehr hilfreich sein. Oftmals sind Essanfälle eine Reaktion auf Bedürfnisse oder Gefühle, die tief in uns liegen und aus unserer Kindheit stammen. Indem du lernst, dein inneres Kind zu sehen, zu verstehen und zu beruhigen, kannst du dich liebevoll um diese verletzten Anteile in dir kümmern, die vielleicht durch Essen getröstet werden wollten.
3. Vermeide strikte Diäten
Strikte Diäten, Kalorienzählen oder ein extremer Fokus auf „gute“ und „schlechte“ Lebensmittel können den Druck verstärken und zu Essanfällen führen. Es ist wichtig, eine entspanntere und flexiblere Beziehung zu deinem Essen zu entwickeln. Erlaube dir, alle Lebensmittel ohne schlechtes Gewissen zu essen und gib dir für diese Umstellung Zeit.
Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist ein Social Media Check: Frage dich, wem du auf sozialen Netzwerken folgst. Wenn du Accounts abonnierst, die extreme Diäten oder unrealistische Ernährungsgewohnheiten darstellen (wie etwa „What I eat in a day“-Videos), kann das dein eigenes Essverhalten negativ beeinflussen. Ich habe selbst erlebt, wie befreiend es sein kann, solchen Accounts zu entfolgen und Menschen zu folgen, die einen gesunden und entspannten Umgang mit Nahrung haben.
4. Gewohnheiten und Neuroplastizität
Unsere Gewohnheiten werden durch Wiederholungen im Gehirn verankert. Je öfter wir eine Sache tun, desto stärker brennt sich diese Handlung in unser neuronales Netzwerk ein. Das gilt leider auch für ungesunde Essgewohnheiten wie Binge-Eating. Aber die gute Nachricht ist: Genauso wie sich diese Gewohnheiten verfestigen, können wir sie auch wieder loswerden.
Je seltener wir einer alten Gewohnheit nachgehen, desto schwächer wird die neuronale Verknüpfung, die diese Handlung unterstützt. Das bedeutet, dass das Verlangen nach bestimmten Verhaltensweisen, wie zum Beispiel dem unkontrollierten Essen, allmählich schwächer wird, wenn wir neue, gesündere Verhaltensweisen an deren Stelle setzen. Mit der Zeit und Geduld kann die alte Gewohnheit immer mehr an Bedeutung verlieren, bis das Verlangen danach ganz verschwindet.
Es ist also möglich, das Gehirn umzuprogrammieren und neue, gesunde Verhaltensweisen zu etablieren, die uns langfristig guttun. Jeder kleine Schritt weg von der alten Gewohnheit hin zu einer neuen wird das Verlangen nach Binge-Eating schwächen und den Weg in ein gesünderes Essverhalten ebnen.
5. Hol dir Unterstützung und bleibe liebevoll mit dir
Jeder Weg aus dem Binge-Eating ist individuell und es gibt keinen „perfekten“ Plan, der für alle funktioniert. Es ist wichtig, liebevoll mit dir selbst zu sein und deinen eigenen Prozess zu respektieren. Vielleicht dauert es eine Weile, bis du herausfindest, was für dich funktioniert – und das ist völlig in Ordnung. Scheue dich nicht, dir Unterstützung zu holen, sei es durch professionelle Hilfe, Selbsthilfegruppen oder durch Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Denke daran, dass es kein „schneller Fix“ ist, sondern ein Prozess, der Zeit braucht. Gib dir selbst die Erlaubnis, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, nach und nach Fortschritte zu machen.
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Die Autorin
Lilith Huber ist Life Coach B.Sc. und Embodiment Trainerin und ehemalige Produzentin des „Binge-Befreit“ Podcasts. Mit ihrem Blog „Her Healthy Way“ bietet sie eine Wissenquelle und Inspiration, um Frauen dabei zu unterstützen, ihre körperliche, mentale und emotionale Gesundheit auf ganzheitliche Weise zu fördern.